Freitag, 22. Oktober 2010
14/15/16/17/18/19. Oktober
volce, 23:26h
Ich bin angekommen. Ich bin da gelandet, wovon ich immer geträumt habe. Ein weites Tal. Bergketten in der Ferne. Überm Tal an den Hang geschmiegt ein altes Kloster. Mehrere Tempel , darüber ein Berg, Felswände. Weiter Blick. Klare Luft. Mönche in roten Gewändern. Stille und Frieden. Hier im Kloster werde ich die nächsten zwei Tage verbringen. Meditieren. Nachdenken. Schreiben.

Soviel habe ich erlebt in den letzten Tagen. Eine Reise durch eine andere Zeit, ein anderes Land, eine andere Welt. Mit mir fährt Tandim, ein Schauspieler aus dem Happy Valley Theatre.
Die Fahrt von Thimphu nach Chamkar (Bhumthang) hat nicht zehn sondern zwölf Stunden gedauert. Das lag auch an den Road Blocks. Da sperren sie einfach mal die Straße für ein oder zwei Stunden, um Bauarbeiten durchzuführen. Die Hauptverbindung durch Bhutan wird einfach mehrmals am Tag gesperrt. So als würde man die Autobahn von Berlin nach Hamburg oder von Wien nach Salzburg einfach mal so sperren. Ohne Ausweichmöglichkeit. Der Vergleich hinkt natürlich an allen Ecken und Enden, da die Autobahn hier, der Highway durch Bhutan, nur Highway heißt, weil er sehr high gelegen ist und immer schön high über dem Tal entlanggeht und alle ständig Doma kauen inkl. dem Busfahrer und deshalb auch immer schön high sind. Sonst ist der Highway eine kleine meistens asphaltierte Straße mit wenig Verkehrsaufkommen (ideale Wohnlage, ruhig, mit Fernblick), auf dem sich an den meisten Stellen zwei Autos ganz ordentlich aneinander vorbei zwängen können. Weiters wird der Highway von Fußgängern, Fuhrwerken, Pferden, Hunden und vor allem Kühen genutzt, die so etwas wie die Autobahnblockierer von Bhutan sind.
Also 12 h Schaukelfahrt (inkl Pausen) mit maximal 200 m gerader Strecke, der Busfahrer spielt seinen MP3-Player rauf und runter, meistens bhutanische Musik, Bollywood und ein paar Westmusikeinsprengsel. In der Dunkelheit kommen wir in Chamkar an. Hier ist auch der Tourismus angekommen. Es gibt eine Menge Guesthouses, Hotels und Lodges aller Kategorien. Unser Guesthoue ist schlicht aber gut ausgestattet. Warmes Wasser, Sitzklo, richtige Dusche mit Duschkopf (yeah!!)

In Jakar, dem Dzong von Chamkar, läuft gerade ein Festival. Dzong bedeutet eine Mischung aus Festung, Tempel, und administrativem Hauptsitz des jeweiligen Landesteiles. Der Jakar-Dzong geht auf das 16. Jahrhundert zurück. Massive weiße Mauern, steile Holztreppen, mächtige bemalte Holztüren; das alles ist kein Museum sondern der noch immer genutzte Verwaltungshauptsitz. Da man die Dzongs nur in traditioneller Kleidung betreten darf, kommt man sich wie in einer Kulisse zu einem Kostümfilm vor.
Festival bedeutet, dass sich alles im Hof eines Dzongs oder sonst wo trifft und den ganzen Tag Maskentänze, traditionelle Tänze und andere Darbietungen sieht. Zu Mittag wird das Lunchpaket ausgepackt (natürlich Reis und Tee), während sich auf dem Tanzplatz die Mönche mit Masken einen Kampf Gut gegen Böse liefern.
Es geht immer um den Kampf Gut gegen Böse. Die Dämonen müssen beschwichtigt werden, müssen verführt, gezähmt, verjagt oder getötet werden. Daher die schreckenerregenden Masken. Sie sollen schreckenerregend für die Dämonen sein. Die Etablierung der Religion und Zivilisation besteht aus der Vertreibung und Bezähmung der Dämonen. Im Jampa-Lakhang, einem Kloster, das im neunten Jahrhundert vom tibetischen König Songtsen Gampo gegründet wurde, zeigt mir ein Mönch eine Landkarte in der Form einer gewaltigen Dämonin. Jener König hat auf allen neuralgischen Punkten der Dämonin insgesamt 108 Tempel errichten lassen, um die Dämonin zu bezwingen. Das Kloster ist beindruckend durch sein hohes Alter. Es steht am linken Fuß der Dämonin. Wenn die Dämonin erwacht, sagt der Mönch, ist alles aus. Vorsichtig verlasse ich das Gebäude.
Nach zwei Tagen in Chamkar fahren wir ins nächste Tal, nach Ura. Es regnet immer wieder. In Ura besuchen wir Tashi, eine Freundin einer Freundin, die mit ihrer Familie gerade bei der Kartoffelernte ist, schnell vom Feld gelaufen kommt und uns rasch aber herzlich begrüßt. Ura ist ein interessantes Dorf, da es fast nur bäuerliche Bevölkerung aufweist. Gleichzeitig kommen viele Politiker und Denker aus diesem Dorf. Tashi ist genau deshalb eine interessante Frau. Weltoffen und gebildet mit vielen einflussreichen Freunden und gleichzeitig Bäuerin in einem Bauerndorf.
Wir spazieren durch das Dorf, unasphaltierte Straßen, überall Hunde und Kühe, sogar auf dem Hof des Tempels. Hier ist alles dem Bauerntum untergeordnet. Abends, nachdem die Familie vom Feld zurückgekehrt ist, verbringen wir einen wunderbaren Abend am Küchenboden. Die Kinder bereiten alleine ein köstliches Essen zu, während Tashi anderen Erledigungen nachgeht. Die Frau ist ständig beschäftigt, redet viel, lacht viel. Ihr Mann ist für Bauarbeiten in Chamkar unterwegs. Nach dem Essen schauen wir auf meinem kleinen Computer den Animationsfilm „Up“ an, den einzigen Film den ich am Rechner habe. Dabei schläft die Familie glücklich zusammengekuschelt vor dem Ofen ein.

Tags darauf brechen wir frühmorgens ins Wang-Tal auf. Dort hat die Familie von Dechen, der Dokumetarfilmerin aus Thimphu ein Schloss. Der Weg führt eine Stunde lang über eine rumplige Schotterstraße, dann muss man einen sich einen schlammigen Weg (es regnet jeden Tag) bergauf kämpfen. Das Schloss ist ein kleines Paradies. Im Hauptturm hat die Familie ein interessantes Museum über das frühere Leben im Wangtal einerichtet. Bis zur Modernisierung Bhutans in den 60er Jahren gab es eine Art Feudalsystem, die Bewohner des Schlosses waren also eine Art Landadelige. Einmal im Jahr veranstaltet die Familie vor dem Tempel ein kleines Festival für die Bevölkerung des Tales. Dabei treten die Bewohner in alten historischen Kostümen auf, führen ihre Tiere um den Tempel herum und wohnen alten Kriegstänzen bei. Ich fühle mich wieder wie in einer anderen Zeit , als auf einmal der Zug der Kostümierten und Tiere aus dem Nebel auftaucht. Am Nachmittag durfte ich der Zeremonie im Tempel beiwohnen. Man sitzt am Boden, bis die Beine schmerzen. Die Mönche beten Sutren, immer wieder wird getrommelt und geblasen. Das Ganze ist anstrengend aber beeindruckend. Dann kriegt man Teller mit Essen aufgetischt und darf essen. Dazwischen wirft man mit Reis in die Runde wie bei einer Hochzeit.

Und nun bin ich in Tarperling bei den Mönchen, bewohne ein kleines Guesthouse mit Blick über das Tal, unterhalb das glänzende Dach des Tempels. Morgens stehe ich um halb sechs auf, gehe in den Tempel zur Morgenmeditation. Heute machten wir eine Tour auf den Berg. Eine schöne Tour über weite Wiesen und sanfte Grade, keine Extremtour aber immerhin mein höchster Berg mit 4000m. Wir haben Glück mit dem Wetter. Die Wolken bleiben von unserem Berg fern. Es scheint fast immer die Sonne. Erst nach unserer Rückkehr fängt es zu regnen an. Ich gehe in den Tempel zur Nachmittagsmeditation. Als ich ihn verlasse, hat es zu regnen aufgehört. Ich setze mich auf die Treppen zu meinem Guesthouse. Alles ist wie verwandelt, blinkt und glitzert in der Sonne. Ich setze mir die Kopfhörer auf und höre Gabarek/Hilliardensemble „Officium“. Die Dächer glänzen im Sonnenlicht, das am Horizont durch die Wolken bricht, die Wiesen glitzern. die Berghänge leuchten, in der Ferne schneebedeckte Berge, darüber steht der Mond. .Durch die Meditation habe ich einen reinen Geist und kann alles in mich aufnehmen. Es ist, als offenbarte sich mir die innere Natur aller Dinge Es ist ein Moment unendlichen Glücks. Und ich begreife: Glück ist, wenn Sehnsucht und Augenblick eins werden. Als die Sonne hinter den Wolken verschwindet, ist das Zauberspiel vorbei. Doch die Erinnerung bleibt.


Soviel habe ich erlebt in den letzten Tagen. Eine Reise durch eine andere Zeit, ein anderes Land, eine andere Welt. Mit mir fährt Tandim, ein Schauspieler aus dem Happy Valley Theatre.
Die Fahrt von Thimphu nach Chamkar (Bhumthang) hat nicht zehn sondern zwölf Stunden gedauert. Das lag auch an den Road Blocks. Da sperren sie einfach mal die Straße für ein oder zwei Stunden, um Bauarbeiten durchzuführen. Die Hauptverbindung durch Bhutan wird einfach mehrmals am Tag gesperrt. So als würde man die Autobahn von Berlin nach Hamburg oder von Wien nach Salzburg einfach mal so sperren. Ohne Ausweichmöglichkeit. Der Vergleich hinkt natürlich an allen Ecken und Enden, da die Autobahn hier, der Highway durch Bhutan, nur Highway heißt, weil er sehr high gelegen ist und immer schön high über dem Tal entlanggeht und alle ständig Doma kauen inkl. dem Busfahrer und deshalb auch immer schön high sind. Sonst ist der Highway eine kleine meistens asphaltierte Straße mit wenig Verkehrsaufkommen (ideale Wohnlage, ruhig, mit Fernblick), auf dem sich an den meisten Stellen zwei Autos ganz ordentlich aneinander vorbei zwängen können. Weiters wird der Highway von Fußgängern, Fuhrwerken, Pferden, Hunden und vor allem Kühen genutzt, die so etwas wie die Autobahnblockierer von Bhutan sind.
Also 12 h Schaukelfahrt (inkl Pausen) mit maximal 200 m gerader Strecke, der Busfahrer spielt seinen MP3-Player rauf und runter, meistens bhutanische Musik, Bollywood und ein paar Westmusikeinsprengsel. In der Dunkelheit kommen wir in Chamkar an. Hier ist auch der Tourismus angekommen. Es gibt eine Menge Guesthouses, Hotels und Lodges aller Kategorien. Unser Guesthoue ist schlicht aber gut ausgestattet. Warmes Wasser, Sitzklo, richtige Dusche mit Duschkopf (yeah!!)

In Jakar, dem Dzong von Chamkar, läuft gerade ein Festival. Dzong bedeutet eine Mischung aus Festung, Tempel, und administrativem Hauptsitz des jeweiligen Landesteiles. Der Jakar-Dzong geht auf das 16. Jahrhundert zurück. Massive weiße Mauern, steile Holztreppen, mächtige bemalte Holztüren; das alles ist kein Museum sondern der noch immer genutzte Verwaltungshauptsitz. Da man die Dzongs nur in traditioneller Kleidung betreten darf, kommt man sich wie in einer Kulisse zu einem Kostümfilm vor.
Festival bedeutet, dass sich alles im Hof eines Dzongs oder sonst wo trifft und den ganzen Tag Maskentänze, traditionelle Tänze und andere Darbietungen sieht. Zu Mittag wird das Lunchpaket ausgepackt (natürlich Reis und Tee), während sich auf dem Tanzplatz die Mönche mit Masken einen Kampf Gut gegen Böse liefern.
Es geht immer um den Kampf Gut gegen Böse. Die Dämonen müssen beschwichtigt werden, müssen verführt, gezähmt, verjagt oder getötet werden. Daher die schreckenerregenden Masken. Sie sollen schreckenerregend für die Dämonen sein. Die Etablierung der Religion und Zivilisation besteht aus der Vertreibung und Bezähmung der Dämonen. Im Jampa-Lakhang, einem Kloster, das im neunten Jahrhundert vom tibetischen König Songtsen Gampo gegründet wurde, zeigt mir ein Mönch eine Landkarte in der Form einer gewaltigen Dämonin. Jener König hat auf allen neuralgischen Punkten der Dämonin insgesamt 108 Tempel errichten lassen, um die Dämonin zu bezwingen. Das Kloster ist beindruckend durch sein hohes Alter. Es steht am linken Fuß der Dämonin. Wenn die Dämonin erwacht, sagt der Mönch, ist alles aus. Vorsichtig verlasse ich das Gebäude.

Nach zwei Tagen in Chamkar fahren wir ins nächste Tal, nach Ura. Es regnet immer wieder. In Ura besuchen wir Tashi, eine Freundin einer Freundin, die mit ihrer Familie gerade bei der Kartoffelernte ist, schnell vom Feld gelaufen kommt und uns rasch aber herzlich begrüßt. Ura ist ein interessantes Dorf, da es fast nur bäuerliche Bevölkerung aufweist. Gleichzeitig kommen viele Politiker und Denker aus diesem Dorf. Tashi ist genau deshalb eine interessante Frau. Weltoffen und gebildet mit vielen einflussreichen Freunden und gleichzeitig Bäuerin in einem Bauerndorf.
Wir spazieren durch das Dorf, unasphaltierte Straßen, überall Hunde und Kühe, sogar auf dem Hof des Tempels. Hier ist alles dem Bauerntum untergeordnet. Abends, nachdem die Familie vom Feld zurückgekehrt ist, verbringen wir einen wunderbaren Abend am Küchenboden. Die Kinder bereiten alleine ein köstliches Essen zu, während Tashi anderen Erledigungen nachgeht. Die Frau ist ständig beschäftigt, redet viel, lacht viel. Ihr Mann ist für Bauarbeiten in Chamkar unterwegs. Nach dem Essen schauen wir auf meinem kleinen Computer den Animationsfilm „Up“ an, den einzigen Film den ich am Rechner habe. Dabei schläft die Familie glücklich zusammengekuschelt vor dem Ofen ein.

Tags darauf brechen wir frühmorgens ins Wang-Tal auf. Dort hat die Familie von Dechen, der Dokumetarfilmerin aus Thimphu ein Schloss. Der Weg führt eine Stunde lang über eine rumplige Schotterstraße, dann muss man einen sich einen schlammigen Weg (es regnet jeden Tag) bergauf kämpfen. Das Schloss ist ein kleines Paradies. Im Hauptturm hat die Familie ein interessantes Museum über das frühere Leben im Wangtal einerichtet. Bis zur Modernisierung Bhutans in den 60er Jahren gab es eine Art Feudalsystem, die Bewohner des Schlosses waren also eine Art Landadelige. Einmal im Jahr veranstaltet die Familie vor dem Tempel ein kleines Festival für die Bevölkerung des Tales. Dabei treten die Bewohner in alten historischen Kostümen auf, führen ihre Tiere um den Tempel herum und wohnen alten Kriegstänzen bei. Ich fühle mich wieder wie in einer anderen Zeit , als auf einmal der Zug der Kostümierten und Tiere aus dem Nebel auftaucht. Am Nachmittag durfte ich der Zeremonie im Tempel beiwohnen. Man sitzt am Boden, bis die Beine schmerzen. Die Mönche beten Sutren, immer wieder wird getrommelt und geblasen. Das Ganze ist anstrengend aber beeindruckend. Dann kriegt man Teller mit Essen aufgetischt und darf essen. Dazwischen wirft man mit Reis in die Runde wie bei einer Hochzeit.

Und nun bin ich in Tarperling bei den Mönchen, bewohne ein kleines Guesthouse mit Blick über das Tal, unterhalb das glänzende Dach des Tempels. Morgens stehe ich um halb sechs auf, gehe in den Tempel zur Morgenmeditation. Heute machten wir eine Tour auf den Berg. Eine schöne Tour über weite Wiesen und sanfte Grade, keine Extremtour aber immerhin mein höchster Berg mit 4000m. Wir haben Glück mit dem Wetter. Die Wolken bleiben von unserem Berg fern. Es scheint fast immer die Sonne. Erst nach unserer Rückkehr fängt es zu regnen an. Ich gehe in den Tempel zur Nachmittagsmeditation. Als ich ihn verlasse, hat es zu regnen aufgehört. Ich setze mich auf die Treppen zu meinem Guesthouse. Alles ist wie verwandelt, blinkt und glitzert in der Sonne. Ich setze mir die Kopfhörer auf und höre Gabarek/Hilliardensemble „Officium“. Die Dächer glänzen im Sonnenlicht, das am Horizont durch die Wolken bricht, die Wiesen glitzern. die Berghänge leuchten, in der Ferne schneebedeckte Berge, darüber steht der Mond. .Durch die Meditation habe ich einen reinen Geist und kann alles in mich aufnehmen. Es ist, als offenbarte sich mir die innere Natur aller Dinge Es ist ein Moment unendlichen Glücks. Und ich begreife: Glück ist, wenn Sehnsucht und Augenblick eins werden. Als die Sonne hinter den Wolken verschwindet, ist das Zauberspiel vorbei. Doch die Erinnerung bleibt.

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